Eine der grundlegenden Quellen, in denen Yoga als Weg der Erkenntnis und Erlösung des Menschen beschrieben wird, ist die Bhagavadgita – „der Gesang des Erhabenen“, ein Teil der um 500 v. Chr. entstandenen Mahabharata. In ihr erläutert Krishna, eine Inkarnation des Gottes Vishnu, dem Kriegshelden Arjuna, dass jeder – unabhängig von der Kaste, in die er in diesem Leben hineingeboren wurde – den Weg des Yoga gehen und die Methoden und Techniken nutzen kann, um Atman, sein wahres Selbst und das Göttliche in sich, zu erkennen.
Mit den im Mahabharata und im Ramayana versammelten volkstümlichen Geschichten und Legenden erhielten Angehörige aller Kasten (zumindest diejenigen, die lesen konnten), denen bisher das Wissen und die Ausübung religiöser Rituale versagt war, Zugang zu einem spirituellen System. Denn dies war vordem ausschließlich Männern der obersten drei Kasten vorbehalten – sofern sie es sich leisten konnten, da die Brahmanen sich die Weitergabe ihres Wissens um die Verbindung mit Gott reichlich vergüten ließen.
Der Weg des Yoga aus der Bhagavadgita bot jedem Einzelnen ein System von Techniken und Methoden an, Selbsterkenntnis zu erlangen und eine Verbindung zum Göttlichen im eigenen Innern herzustellen. Jeder konnte nun sein Schicksal selbst beeinflussen und Verantwortung für sein Leben übernehmen – und war damit nicht mehr auf die Hilfe der Brahmanen angewiesen, um, nach hinduistischem Glauben, aus dem „ewigen Rad der Wiedergeburt“ auszusteigen.