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Pranayama: Lenkung der Energie
Das Sanskrit-Wort pranayama enthält eine Reihe von Bedeutungen:
pra – Bewegung; na – fortdauernd, ständig;
prana – Energie; yama – Kontrolle, Lenkung;
ayama – Ausdehnung, Ausbreitung.
Der Begriff lässt sich daher am ehesten mit „Energielenkung“ oder „Energieausdehnung“ übersetzen. Das Mittel dafür ist die Atmung.
Der Atem: Spiegel von Körper und Geist
Im täglichen Leben spiegelt der Atem vielfach unseren Geisteszustand wider, da jeder Gedanke und jedes Gefühl sich in Form von Ent- oder Verspannung, Ruhe oder Unruhe, Angst oder Aufnahmebereitschaft äußert und eine biochemische Reaktion im Körper hervorruft. Auch im Sprachgebrauch finden sich häufig Redewendungen, die auf die Beziehung zwischen Körper, Geist und Atem eingehen: Der Atem stockt, man muss erst einmal tief Luft holen, es bleibt einem die Luft weg, man muss zu Atem kommen oder man ist atemlos – um hier nur einige Beispiele zu nennen. Ist man entspannt, ist der Atem frei, tief und ruhig. Wer jedoch – aus welchen Gründen auch immer – innerlich in Aufruhr ist, bei dem wird die Atmung flach, hektisch und unregelmäßig.
Ein ruhiger Geist dank Pranayama
So wie der Geist auf den Atem wirkt, lässt sich umgekehrt auch der Geist von der Atmung beeinflussen. Genau das ist die Funktion von Pranayama, dessen Übungen bei Patanjali als vierte Stufe des achtgliedrigen Pfads wie auch im Hatha Yoga als zentraler Teil der Yoga-Praxis angesehen werden. Diese jahrtausendealten Techniken sind bewusst gesteuerte Atemübungen, mit denen ein Effekt im Geist und im Körper hervorgerufen wird. Dank ihnen werden Geist und Körper ruhig und Blockaden im energetischen Körper können verringert oder gar ganz überwunden werden. Durch bewusste Veränderungen der normalerweise unbewussten Atemmuster wird nicht nur eine Einheit von Atem, Geist und Körper hergestellt, sondern gleichzeitig werden Geist und Körper mit Lebensenergie versorgt.
Prana – die Lebensenergie
Im yogischen Verständnis ist Prana Lebensenergie. Die innere, die immer da ist, soll mit der äußeren, die über Lebensmittel, geistige Nahrung, Bewegung und über die Atmung aufgenommen wird, vereinigt werden. Ziel von Pranayama ist es daher, den Körper mit Lebensenergie anzureichern und damit gleichsam seine „Akkus“ aufzufüllen. Um den größtmöglichen Nutzen dieser Energie zu spüren, muss sie im Körper ungehindert zirkulieren können. Wer gesund lebt und ohne allzu große Sorgen entspannt, bei dem fließt die Lebensenergie frei im Körper. Verspannungen und Blockaden, die sich durch zuviel Stress und Anspannung im Körper festsetzen, hindern jedoch die Lebensenergie daran, frei im Körper zu fließen. Sie haben zur Folge, dass Prana nicht im Körper gehalten und verteilt werden kann, sondern wirkungslos abfließt. Prana zirkuliert in den Nadis, den Energiekanälen im Körper. Sowohl die Asana- als auch die Pranayama-Praxis dient dazu, diese Kanäle zu reinigen und dadurch die Energie im Körper zu konzentrieren und frei zu leiten.
Atembewusstsein schaffen
Kaum etwas geschieht automatischer und ungesteuerter als die natürliche Atmung und kaum etwas wird weniger Beachtung geschenkt als ebendieser lebensnotwendigen Tätigkeit. Die natürliche Atmung ist oft flach, unregelmäßig und mit unbewussten Atempausen versehen, was einen zerstreuten, unkonzentrierten oder angespannten Geist widerspiegelt. Allein dies zu beobachten, ohne dabei die natürliche Atmung zu verändern, ist gar nicht so einfach. Häufig vertiefen sich die Atemzüge automatisch, sobald sich Konzentration und Bewusstsein darauf richten. Dennoch ist das Atembewusstsein – das Beobachten der natürlichen Atmung, ohne sie zu verändern – die Vorstufe für jedwede Atemübung, um den eigenen geistigen und körperlichen Zustand zu verstehen und die Wirkung einer anschließenden Atemübung wahrnehmen zu können.
Vier Phasen der Atmung
Die natürliche sowie die kontrollierte Atmung verläuft in vier Phasen:
- Einatmung (sanskr. puraka)
- Pause nach der Einatmung (sanskr. antara kumbhaka)
- Ausatmung (sanskr. rechaka)
- Pause nach der Ausatmung (sanskr. bahya kumbhaka)
Atempausen, im Yoga auch Atemverhaltung oder Kumbhaka genannt, sind in der Regel nur ganz kurz, können bei den Atemübungen aber bewusst verlängert werden.
Pranayama in der Praxis
Atemübungen dienen im Anschluss an die Asana-Praxis als gute Vorbereitung für die Meditation, da Pranayama auch als Brücke zwischen Körper und Geist angesehen wird. Dazu gibt es eine Vielzahl von Pranayama-Übungen, die am besten mit einem Lehrer oder einem guten Anleitungsbuch gelernt werden, z.B. „Yoga: Das grosse Praxisbuch für Einsteiger & Fortgeschrittene“.
Bei der regelmäßigen Atmung sind alle Atemphasen gleich lang und intensiv, d. h. die Einatmung, die Atemverhaltung nach dem Einatmen, die Ausatmung und die Atemverhaltung nach dem Ausatmen. Einsteiger können mit drei bis vier Zähleinheiten pro Atemphase anfangen, Fortgeschrittene können sie bis auf acht Zählzeiten steigern. Diese ausgleichend wirkende Atemübung kann jederzeit mit oder ohne Atemverhaltung ausgeführt werden.
Anleitung
- Setzen Sie sich bequem hin, entweder auf einen Stuhl oder ein Kissen. Schließen Sie die Augen und konzentrieren Sie sich auf Ihre Atmung.
- Zählen Sie während der Einatmung im Geist bis 3 oder 4 und atmen Sie genau so lange aus.
- Steigern Sie langsam die Zähleinheiten und versuchen Sie, Ihre Atemzüge zu verlängern und zu vertiefen, jedoch nur so lange, wie Sie angenehm und frei atmen können.
- Wenn Sie möchten, fügen Sie nach der Ein- und der Ausatmung jeweils eine kleine Atempause ein (Atemverhaltung), die genau so lange andauerd wie die Ein- und Ausatmung.
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Nadi Shodana Pranayama heißt wörtlich übersetzt „Reinigung der Nadis“, der Energiekanäle. Sie wird auch Wechselatmung genannt, da abwechselnd durch beide Nasenlöcher ein- und ausgeatmet wird, wodurch beide Körperhälften synchronisiert und ausgeglichen werden.
Dem rechten Nasenloch, der männlichen Seite mit Qualitäten wie Energie, Wärme, Intellekt und Aktivität, wird im Hatha Yoga die Sonnenenergie zugesprochen. Die weibliche Energie, die Mondenergie, mit Qualitäten wie Kühle, Passivität, Emotionen und Intuition, wird dem linken Nasenloch zugeordnet. Die Wechselatmung soll helfen, beide Energien auszugleichen und zu harmonisieren.
Diese Atemtechnik wird meistens im Anschluss an die Asana-Praxis ausgeübt, um sich auf die Meditation vorzubereiten. Sie kann aber bei dem Bedürfnis nach Ausgeglichenheit jederzeit geübt werden.
Anleitung für Nadi Shodana
- Atmen Sie einige Male langsam durch beide Nasenlöcher ein und aus.
- Achten Sie darauf, dass Ihr Kopf gerade aufgerichtet bleibt und führen Sie eine Hand zur Nase. Rechtshänder benutzen die rechte, Linkshänder die linke Hand.
- Wählen Sie eine der beiden nachfolgenden Handpositionen, um abwechselnd das rechte und linke Nasenloch zu verschließen: Knicken Sie den Zeige- und Mittelfinger ab und regulieren Sie die Atemzufuhr entweder durch Verschluss unterhalb der Nasenlöcher oder direkt unterhalb der Nasenhöcker.
- Verschließen Sie die rechte Seite und atmen Sie durch das linke Nasenloch ein. Verschließen Sie links und atmen Sie durch das rechte Nasenloch aus. Atmen Sie rechts ein, verschließen Sie rechts und atmen Sie links wieder aus.
- Wiederholen Sie diesen Zyklus mit gleichmäßig langer Ein- und Ausatmung. Steigern Sie, wenn Sie möchten, langsam die Länge der Ein- und Ausatmung. Schließen Sie die Übung mit einer Ausatmung links ab.
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Hinter Bhramari Pranayama verbirgt sich eine wunderbare Atemübung, die den Kopf in kürzester Zeit leer macht, zu innerer Instant-Fokussierung führt und den "Monkey Mind", den Geist, der immer von einem Gedankenast zum nächsten springt, zur Ruhe bringt. Benannt nach Bhramara, einer großen schwarzen Hummel, ist die Übung deshalb, weil man genau das macht: summen wie eine Hummel.
Atmen Sie wie in Ujjayi Pranayama durch die Nase ein, dann lassen Sie die Ausatmung mit einem Summton aus sich rausfließen. Nicht gepresst, nicht erzwungen, nicht allzu laut, sondern nur so laut, dass Sie der Ton ganz und gar erfüllt. Wiederholen Sie die Übung ein paar Mal in Ihrem Atemrhythmus.
In der in sich geschlossenen Kindeshaltung, die ja eh schon zur Ruhe kommen lässt, braucht man tatsächlich nur ein paar Atemzüge, um das Gedankenkarussel zum Stillstand zu bringen: wie bei einem Kettenkarussel werden die Gedanken langsamer und treten immer mehr in den Hintergrund. Ein wunderbarer Start für die Asana-Praxis oder als Entspannungsübung für zwischendurch.
Atmung während der Asana-Praxis. Bei der sogenannten siegreich verlängerten Atmung (sanskr. ujjayi) handelt es sich um eine gleichmäßige, vertiefte, verlängerte und regulierte Ein- und Ausatmung durch die Nase, meist ohne bewusste Atemverhaltung. Sie entsteht durch eine Verengung des Kehlkopfes und der Stimmritze – ähnlich wie beim Flüstern, allerdings mit geschlossenem Mund –, sodass ein sanftes Geräusch, das wie Meeresrauschen klingt, zu hören ist. Diese Atmung wird in der Regel während der Asana-Praxis eingesetzt und mit der Bewegung koordiniert. Jede Ein- und Ausatmung ist gleich lang und leitet die Bewegung ein bzw. schließt sie ab.
Meditation in Bewegung: Mit etwas Übung können Sie sich durch die Kombination von Ujjayi-Atmung und Asana-Praxis in einen geradezu meditativen Zustand versetzen. Auf diese Art und Weise werden Konzentration und Fokussierung beibehalten. Die Atmung bringt Aufmerksamkeit und Bewusstsein in den Augenblick, sodass die Gedanken nicht so leicht abschweifen können.
Der innere Lehrer: Mit Hilfe der Ujjayi-Atmung kann der Atem mit fortgeschrittener Praxis bewusst in einzelne Körperteile gelenkt werden – etwa wenn davon gesprochen wird „in die Hüfte zu atmen“ –, um dort Blockaden zu lösen, aber auch Grenzen zu erspüren. Sie wird daher auch als innerer Lehrer bezeichnet, da sie zu Pausen und Zurücknahme auffordert, wenn ruhiges und gleichmäßiges Atmen nicht mehr möglich sind: Dies weist stets auf körperliche Grenzen in der Praxis hin, die es zu respektieren gilt. Mit etwas Übung und Geduld lassen sich immer komplexere Asanas üben.