Alphabetische Reihenfolge

 
Die Techniken des Yoga wurden erstmals zwischen 200 v. und 200 n. Chr. von Patanjali in den Yoga-Sutras (sanskr. sutra: Leitfaden) systematisch zusammengefasst. Patanjalis Yoga wird auch klassischer Yoga, Raja Yoga oder Kriya Yoga genannt. Die genauen Hintergründe ihrer Entstehung sind nicht bekannt. Ob sich hinter dem Namen -Patanjali eine einzelne Person, eine Brahmanenfamilie oder ein Zusammenschluss von Weisen verbirgt, bleibt bis heute im Dunkeln. Einer Legende nach befahl Vishnu seiner Schlange Adisesha, in Patanjali zu inkarnieren, damit sie den Menschen eine praktische Form des Yoga bringe.

Philosophie und Psychologie in einem

Die insgesamt 195 Sutras bestehen aus kurzen, prägnanten, jedoch bedeutungsvollen Sätzen. Wie in der modernen Psychologie wird hier die Funktionsweise des Geistes beschrieben, und welche Hindernisse, Schwierigkeiten und Störungen im Geist auftreten können, die Selbsterkenntnis und reflektiertes Handeln verhindern. Als Weg zu einer positiven Veränderung des Geistes empfehlen die Yoga-Sutras Patanjalis den sogenannten „achtgliedrigen Pfad“. Wird dieser Pfad befolgt, lassen sich die Ursachen des Leids erkennen und in der Zukunft vermeiden. So wird der Weg zur Selbsterkenntnis frei.

„Monkey Mind“ – Der Geist springt hin und her

Nach Patanjali besteht eine wesentliche Eigenschaft des Geistes darin, dass er sich normalerweise weigert, im Hier und Jetzt zu verharren. Vielmehr springt er wie ein Affe von Gedankenast zu Gedankenast. Er ist ständig rastlos in Bewegung und nicht auf den Augenblick konzentriert, sondern beschäftigt sich gleichzeitig mit den verschiedensten Dingen: mit Geschehnissen aus der Vergangenheit, mit Planungen für die Zukunft und mit allen Sinneseindrücken, die er währenddessen zu verarbeiten hat.

Gleichzeitig interpretiert der menschliche Geist üblicherweise alles, was gesehen, wahrgenommen und erlebt wird. Dabei lässt er sich von seinen Gedankenmustern, Gewohnheiten, Glaubenssätzen, Vorstellungen und Konditionierungen (im Sanskrit samskara genannt) leiten, die er im Verlauf seines Lebens erlernt und sich durch Wiederholung angewöhnt hat. Sie ziehen sich wie eine Furche durch den Geist und lassen den Geist nur schwer aus diesen Bahnen ausbrechen – unabhängig davon, ob sie gut oder schlecht, richtig oder falsch sind. Kein Wunder also, dass der Geist bei all diesen Aktivitäten in aller Regel unruhig ist – was zur Folge hat, dass auch die menschlichen Handlungen oftmals unkonzentriert und unreflektiert sind. Bewusstes Handeln dagegen setzt die Klarheit des Geistes voraus – eines Geistes, der zur Ruhe gekommen ist. Vor diesem Hintergrund entwickelte Patanjali den achtgliedrigen Pfad, mit dem Ziel, den Geist zur Ruhe zu bringen.

Ziel: Ein ruhiger Geist im Hier und Jetzt

Es wird stets die Aufgabe des Geistes bleiben, unaufhörlich zu denken und zu interpretieren – dafür ist er schließlich da. Es geht daher im Yoga nicht darum, den Geist auszuschalten, sondern vielmehr um die Fähigkeit, sich von seinem Hin und Her nicht beeindrucken zu lassen und stattdessen die gesamte Aufmerksamkeit auf einen einzigen Gegenstand, eine Sache auszurichten. So wird die Wahrnehmung klar und nicht mehr durch die Vielbeschäftigung des Geistes getrübt. Bewusstes und konzentriertes Handeln im Hier und Jetzt wird möglich – ein wahrhaft hohes Ziel. Jedoch legt einem der Geist auf dem Weg dorthin permanent Steine in den Weg: die Kleshas.

yogascittavrttinirodhah
Yoga ist, wenn die Bewegungen des Geistes zur Ruhe kommen. (Yoga-Sutra 1.2.)
Citta: Der Geist, das Meinende, der Verstand, der alles interpretiert, was wahrgenommen wird.

tada drastuh svarupe vasthanam
Dann entsteht die Fähigkeit jenseits aller vorgefassten Meinungen und Vorstellungen das Wahre zu erkennen. (Yoga-Sutra 1.3.)